PRESSEMITTEILUNG 65/2019

Weilheim, den 23.07.19

Erste Ergebnisse der Amphibien-Akzeptanz-Kontrolle in Weßling liegen vor: Staatliches Bauamt Weilheim zufrieden mit den ermittelten Erkenntnissen

Die vom Staatlichen Bauamt Weilheim mit der Durchführung der Amphibien-Akzeptanz-Kontrolle in Weßling beauftragte Firma GFN Umweltplanung, München legte am 12. Juli 2019 erste Ergebnisse vor. Das Team vom Bauamt ist zufrieden mit der Zusammenstellung. Ein Überblick über die zentralen Erkenntnisse.

Auf Basis des Planfeststellungsbeschlusses vom 15. Februar 2010 muss an der Amphibienschutzanlage entlang der 2017 fertiggestellten Ortsumgehung Weßling (St 2068) eine zweijährige Akzeptanzkontrolle durchgeführt werden. Daraus ableitend wurde das Büro ANUVA mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt, unter anderem mit folgenden Inhalten:

  • Prüfung der Schutzwirkung für wandernde Amphibien
  • Untersuchung der Funktionsfähigkeit der 42 eingebauten Durchlässe (Amphibientunnel) zur Aufrechterhaltung des Habitatverbundes zwischen Teillebensräumen von Amphibien
  • Ableitung von Optimierungsmöglichkeiten bei Feststellung von Defiziten

Zur Untersuchung der Akzeptanz der Amphibienschutzanlage wurden ab Ende Februar 2019 entlang der Ortsumgehung Zäune mit Fangeimern aufgebaut. Die Eimer werden seither täglich geleert, die festgestellten Tiere nach Art, Geschlecht und Altersklasse registriert und jeweils über den Zaun gesetzt. Darüber hinaus werden weitere Untersuchungen durchgeführt, so z.B. nächtliche Verhaltungsuntersuchungen und eine Untersuchung des Wanderverhaltens von einzelnen Individuen.

Aktuelle Situation

Die Amphibienwanderung vom Überwinterungsgebiet zum Laichgewässer im Bereich des Golfplatzes westlich der Straße (Hinwanderung) fand im Zeitraum von Ende Februar bis Mitte/Ende April 2019 statt. Hierbei wurde untersucht, wie viele der angewanderten Tiere die Amphibientunnel passieren und an welcher Stelle und in welcher Geschwindigkeit dies geschieht.

Im April 2019 begann die Rückwanderung der erwachsenen Tiere von Westen nach Osten, nachdem ihre Fortpflanzungsphase abgeschlossen war. Aktuell wandern die diesjährigen Jungtiere (sogenannte Hüpferlinge) in Richtung Osten.

Zwischenergebnisse der diesjährigen Hinwanderung

Siehe Tabelle "Übersicht der Hinwanderung" ganz unten bei "Weitere Informationen".

In der Spalte „Anwanderung“ sind die Tiere aufgeführt, die bis zum Umstellen der Zaunanlage Mitte April von Osten an die Amphibienschutzanlage angewandert sind. Die „Durchwanderer“ sind die Tiere, die erfolgreich durch die Amphibientunnel Richtung Westen wanderten. Die angegebene Prozentzahl stellt dar, welcher Anteil der anwandernden Tiere die Anlage passiert hat (Durchwanderungsrate). Aus der Differenz der Anwanderer und der Durchwanderer ergibt sich die Zahl derjenigen Tiere, die im Untersuchungszeitraum die Amphibienschutzanlage nicht passiert haben und östlich der Straße verblieben sind. Damit macht die Akzeptanzuntersuchung sichtbar, dass - wie vermutlich in den Vorjahren schon - nur ein Teil der Tiere die Straße überwinden kann.

Die Durchwanderungsquoten sind artspezifisch etwas unterschiedlich. Bei Kammmolch, Bergmolch und Erdkröte liegen die Durchwanderungsraten höher, beim Springfrosch liegen sie deutlich unter dem Durchschnitt aller Tiere. Die hohe Anzahl der durchgewanderten Kammmolche im Vergleich zu den angewanderten Kammmolchen resultiert vermutlich daraus, dass einige Tiere in den Durchlässen oder in deren Umfeld überwintern. Im Vergleich zu den Daten aus den Amphibienmaßnahmen 2016 (Begleitung in der Bauphase) kann man feststellen, dass 2019 insgesamt weniger Tiere von Osten nach Westen angewandert sind. Allerdings sind auch nach Umstellung der Zaunanlage von Hin- auf Rückwanderung noch Tiere von Osten angewandert (vor allem Erdkröten), die nicht mehr erfasst werden konnten. Die Gesamtzahl angewanderter Tiere liegt 2019 daher in Wirklichkeit etwas höher.

2019 sind deutlich mehr Springfrösche angewandert als vor drei Jahren. Auch bei Bergmolchen liegt der Wert 2019 höher im Vergleich zu 2016. Bei den Erdkröten ist hingegen eine wesentlich geringere Anzahl festgestellt worden als drei Jahre zuvor. Das ist nur teilweise damit zu erklären, dass die Erdkröten-Hinwanderung zum Zeitpunkt der Umstellung der Zaunanlage noch nicht gänzlich abgeschlossen war. Auch bei den Kammmolchen liegt die diesjährige Zahl niedriger als 2016.

Der Vergleich mit den Daten aus 2016 muss allerdings mit Vorsicht erfolgen, da die Fangzaunanlagen und Fangzeiträume nicht ganz vergleichbar sind. Auch Witterungseinflüsse können eine Rolle gespielt haben.

Das stärkste Aufkommen der anwandernden Amphibien war 2019 im nördlichsten Zaunabschnitt (von der Autobahnzufahrt bis zum Taleinschnitt) festzustellen. Derzeit werden die Daten noch ausgewertet, um die Akzeptanz für einzelne Durchlässe und Streckenabschnitte aufzubereiten. Nach Abschluss lassen sich ggf. Defizitbereiche identifizieren.

Bei den artenschutzrechtlich relevanten Springfröschen und Kammmolchen wurde zur Verfolgung der Wanderbewegung Methoden zur individuellen Wiedererkennung einzelner Tiere verwendet. Besonders interessante Ergebnisse sind beim Springfrosch festzustellen: Die vom Osten her anwandernden Springfrösche wurden mit nummerierten Ringen versehen. Diese Ringe wurden den Springfröschen nach dem Durchwandern der Tunnel auf der Westseite der Ortsumgehung wieder entfernt.

Für 202 Ringwiederfunde von Springfröschen ist eine Auswertung möglich. Von diesen sind 142 auf der Westseite wiedergefunden worden. Es zeigt sich, dass diese 142 Tiere durchschnittlich acht Tage zur Durchwanderung gebraucht haben. Die kürzeste Dauer betrug einen Tag. Ein Tier hat sogar 39 Tage gebraucht, bis es auf der anderen Straßenseite angelangt war.

Kammmolche weisen ein individuell wiedererkennbares Fleckenmuster auf dem Bauch auf. Anwandernde Kammmolche auf der Ostseite wurden fotografiert. Ebenso wurden die Tiere, die auf der Westseite der Ortsumgehung aus den Tunneln kamen, fotografiert. Die Auswertung der Wiedererkennung der Kammmolche ist aufwendig und läuft daher noch.

Erste Schlussfolgerungen und mögliche Konsequenzen

Es fällt auf, dass es beim Springfrosch eine geringere Durchwanderungsrate gibt, als z.B. bei der Erdkröte.

Auch wenn die Auswertung noch nicht abgeschlossen ist, ist erkennbar, dass es Bereiche gibt, an denen die Amphibientunnel von den Tieren offenbar weniger gut gefunden bzw. angenommen werden. Besonders die beiden nördlichsten Tunnel weisen eine vergleichsweise geringere Akzeptanz (Durchwanderungsrate) auf. An den vier südlich davon gelegenen Tunneln findet sich die größte Konzentration aller Durchwanderer.

Darauf basierend werden derzeit Verbesserungsmöglichkeiten für die Amphibienschutzanlage konzipiert und diskutiert. Dazu gehört - neben den Verbesserungen der Feuchtigkeitsverhältnisse im Amphibientunnel - insbesondere die Optimierung der Leiteinrichtungen, um die Tiere direkter und schneller zum nächsten Durchlass zu führen.

Nächste Schritte

Die Zäune der Rückwanderungsperiode stehen voraussichtlich noch bis Ende August 2019. Danach wird mit der detaillierten Auswertung, der Defizitanalyse sowie der Erarbeitung von Verbesserungs­vorschlägen begonnen.

Außerdem findet im Herbst 2019 auf Grundlage der diesjährigen Untersuchungsergebnisse eine Überarbeitung des Untersuchungskonzeptes für 2020 statt. Ziel ist es, im folgenden Jahr nicht mehr die gesamte Strecke entlang der 42 Durchlässe zu zäunen. Vielmehr sollen spezielle Fragestellungen auf Teilstrecken bzw. an einzelnen Durchlässen vertiefend untersucht werden. Dabei sollen auch bestimmte Optimierungsvorschläge im Hinblick auf ihre Effizienz getestet werden

„Mit diesen ersten Ergebnissen sind wir dahingehend zufrieden, dass sie uns einerseits konkrete Zahlen zu bestimmten Amphibien und ihrem Wanderverhalten liefern und uns in Kenntnis setzen wie es bei diesem Projekt die kommenden Monate weitergehen wird. Andererseits nehmen wir daraus wertvolle Erkenntnisse in die Planungs- und Vorbereitungsphasen anderer Projekte mit, die sich ebenfalls mit Amphibien und deren Wanderungen beschäftigen“, fasst Raphael Zuber, Abteilungsleiter Landkreis Starnberg beim Staatlichen Bauamt Weilheim, zusammen.

 

TABELLE

StBAWM_Uebersicht_der_Hinwanderung.JPG

Hinweis:

Die Tabelle "Übersicht der Hinwanderung" finden Sie ganz unten bei "Weitere Informationen".

 

Auskunft erteilen: 

Herr Zuber, Tel. 0881/990-1210

Frau Hoffmann, Tel. 0881/990-1332

Weitere Informationen